Bildarchitektur

Modulationen/Bildarchitektur

Christine Erhard
Fotografie & Installation
24.9.2021-31.10.2021

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Öffnungszeiten: Mi-Fr:14-19h, Sa:15-18h

Räumliches Bild oder bildgewordener Raum?
Über die Arbeiten von Christine Erhard

Christine Erhard bewegt sich im Medium der künstlerischen Fotografie. Das konzeptionelle Arbeiten mit dem eigenen Medium, Fragen nach seiner Abbildfähigkeit und das Ausloten, wie Fotografie selbst raumbestimmend wird, stehen im Zentrum künstlerischer Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Architektur, Installation und Fotografie.

Es ist eine konstruierte und aus fotografischem Material gebaute Welt, die sich dem Betrachter in ihren Arbeiten entgegenstellt. Die in ihnen dargestellte Raumrealität ist eine, die sich zunächst verweigert: Ein Betreten dieses Raumes scheint nicht möglich, den er mutet sehr fragil und zerbrechlich an, so als könne er jeden Moment zersplittern. Dies ist paradox, denn es zieht einen förmlich hinein in diese eigenartig verschachtelte Welt, die an Architekturen des Konstruktivismus, des Brutalismus aber auch an die des Dekonstruktivismus denken lassen.

Wo ist oben, wo ist unten in dieser Welt aus Flächen? Wie entsteht Raum? Doch in dem zwei Flächen zu orthogonalen Wänden werden. Aber was passiert, wenn die Wand perspektivisch verschoben zur tragenden Decke wird? Und wie wird dieser eigens konstruierte Raum in seine Bestandteile aufgelöst und so seine Widersprüchlichkeit aufgezeigt? Klassische Gesetze um das Prinzip von Stützen und Lasten gelten nicht mehr uneingeschränkt. Seit der architektonischen Moderne ist in der Dynamisierung des Raums stets seine Auflösung inbegriffen.

Erhards Fotografien entstehen in ihrem Atelier aus dreidimensionalen Modellen. Sie bilden den Ursprung, nicht die Bildbearbeitung und -manipulation am Computer. Minutiös und auf das Präziseste aufgenommen – und so wieder in ein Bild überführt – entstehen so die Eindrücke einer anderen, konstruierten Wirklichkeit, die auf den real gebauten Raum fußt. Verstärkt wird dieser Eindruck mittels unserer Wahrnehmung durch ein Spiel aus Licht- und Schattenpartien, welche die sich überlagernden Bildebenen durchdringen. Hinzu kommt, dass im Medium der Fotografie, der architektonische Raum zu einem reproduzierten Bildraum wird, der maßgeblich unsere Vorstellungswelt prägt und bestimmt.

In den Akronymen der Betitelungen verbirgt sich eine weitere Dimension. Wir kennen dies aus der Alltagswelt hochgradig komplexer Institutionen, die ihre Funktionen in den Abkürzungen ihrer Eigennamen aus Laut- und Buchstabenabfolgen verdichten. Etwas Ähnliches passiert mit den Arbeiten von Christine Erhard: Sie weisen über sich selbst hinaus. Raum wird Bild und Bild wird Raum.

© Tobias Chriske